31.01.19 –
Alle Menschen in unserer Stadt sollen ihre Ziele sicher, zügig, umweltschonend, barrierefrei und sozialverträglich erreichen können. Zur Verbesserung der Lebensqualität und zur Erreichung der Klimaschutzziele muss nun endlich auch in Magdeburg eine Verkehrswende eingeleitet werden. Wir streben eine "Autoarme Innenstadt" an, indem wir den ‚Umweltverbund‘ aus Fußverkehr, Radverkehr und Öffentlicher Nahverkehr fördern und die Dominanz des motorisierten Individualverkehrs zurückdrängen. Alle vier Verkehrsträger (Fußverkehr, Radverkehr, Öffentlicher Nahverkehr und Autoverkehr) sollen mit einem Anteil von jeweils 25 % aller Wege gleichberechtigt nebeneinanderstehen. Die im Verkehrsentwicklungsplan 2030Plus vorgeschlagenen Maßnahmen zur Stärkung des Umweltverbundes sind umzusetzen.
Fußverkehr und Barrierefreiheit
Viele Wege lassen sich zu Fuß sehr gut bewältigen. Ein Fünftel aller mit dem Auto zurückgelegten Wege ist kürzer als zwei Kilometer. Die meisten dieser Wege könnten problemlos zu Fuß zurückgelegt werden. Luftverschmutzung, Lärmbelastung, städtebauliche Defizite und Unfallgefahren machen jedoch das Zu-Fuß-Gehen unattraktiv. Deshalb braucht die Stadt mehr Fußgängerzonen und verkehrsberuhigte Bereiche, um die Aufenthaltsqualität zu erhöhen, womit auch der Einzelhandel gestärkt wird. Die Auswirkungen und Akzeptanz der Bürger*innen und Geschäftsleute kann durch Testphasen geprüft wer-den. Der barrierefreie Ausbau von Verkehrsanlagen, insbesondere von bestehenden Straßenbahnhaltestellen ist seit Jahren vernachlässigt. Dass es auch anders gehen kann, zeigt das Stadtbahnprogramm von Halle (Saale).
Wir wollen:
- das Zu-Fuß-Gehen stadtweit im Hinblick auf Sicherheit, Barrierefreiheit und Durchlässigkeit prüfen
- ein Schulwegsicherungsprogramm, um Unfallschwerpunkte zu beseitigen, damit alle Kinder sicher und allein zu ihren Schulen und Sportstätten kommen
- die Mittel für Instandsetzungsmaßnahmen von Fußwegen erhöhen und den Haushaltstitel für Bordsteinabsenkungen wieder einführen
- die konsequente Einrichtung von Tempo-30-Zonen in Wohngebieten, Anordnung von Tempo 30 im Bereich von Schulen, Kindertagesstätten und Altenpflegeheimen sowie Temporeduzierungen auf ausgewählten Erschließungsstraßen wie z.B. auf dem Klusdamm
- im Südabschnitt des Breiten Weges verkehrsberuhigte Bereiche zwischen Hasselbachplatz und Keplerstraße und zwischen Bärstraße und Ernst-Reuter-Allee ausweisen
- den Durchgangsverkehr in der Innenstadt reduzieren und verkehrsberuhigende Maßnahmen in der Ernst-Reuter-Allee und im Breiten Weg vornehmen („Ein Herz für Magdeburg“) sowie den Rückbau der Reuter-Allee zwischen Otto-von-Guericke- und Jakobstraße. Die Maßnahmen sind in enger Abstimmung mit den Bürger*innen und Geschäftsleuten zunächst auszuprobieren
- dass zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität, der Sicherheit und aus Lärmschutzgründen die Große Diesdorfer Straße und die ‚Hauptstraße‘ zwischen Buckau und Westerhüsen umweltgerecht und barrierefrei umgebaut werden
- mehr sichere Überquerungsmöglichkeiten an großen Straßen (z.B. Mittelinseln) und mehr Zebrastreifen
- dass Fußgänger*innen an Ampelanlagen nicht länger als 60 Sekunden warten und ihr „Grün“ an Kreuzungen nicht extra anfordern müssen
- bauliche und organisatorische Maßnahmen gegen Falschparker*innen an Kreuzungsbereichen und auf Geh- und Radwegen
Radverkehr
Wenn wir unser Klima erhalten wollen, dann müssen mehr Menschen öfter vom Auto auf das Rad umsteigen. Doch nur, wer sich sicher fühlt und gute Wege vorfindet, steigt um. Dafür muss noch viel in Magdeburg getan werden. Der Radverkehr braucht vor allem mehr Fläche und es muss deutlich mehr Geld in die Infrastruktur investiert werden.
Wir wollen:
- eine verlässliche Bereitstellung von 11,00 € je Einwohner*in und Jahr für den Radverkehr im Haushalt unserer Stadt entsprechend der Empfehlung des Nationalen Radverkehrsplans (NRVP 2020) und die Nutzung entsprechender Förderprogramme
- eine(n) Radverkehrsbeauftragte(n), die (der) die Geschäfte der Arbeitsgruppe Radverkehr führt, die Planungen zum Fahrradverkehr koordiniert, bei allen Straßenbauten die Belange des Radverkehrs überprüft und Kampagnen zur Förderung des Radverkehrs organisiert
- ein lückenloses Radverkehrsnetz zwischen allen Stadtteilen
- dass die noch immer ausstehenden Investitionsmaßnahmen der Radverkehrskonzeption 2004-2012 endlich realisiert werden
- innerstädtische Radschnellverbindungen und Radschnellwege in das Umland u.a. nach Oster-weddingen, Schönebeck, entlang der 2. Nord-Süd-Verbindung bis nach Barleben und Wolmirstedt und mit Umnutzung der denkmalgeschützten Kanonenbahnbrücke bis nach Biederitz
- Ausweisung von Fahrradstraßen - wie in der Goethestraße geplant - und die Freigabe von Ein-bahnstraßen für den Radverkehr in beide Richtungen
- die Projektierung von Radverkehrsanlagen an großen Straßen zukünftig vorzugsweise als geschützte Radfahrstreifen („Protected Bike Lane“). Wenn hierfür die Straßenbreite nicht ausreicht, sind Radfahrstreifen und Schutzstreifen entsprechend den Empfehlungen zur Anlage von Radverkehrsanlagen (ERA 2010) abzumarkieren
- dass Radverkehrsanlagen zukünftig grundsätzlich mit Asphaltoberflächen angelegt werden und auf Kopfsteinpflasterstraßen Teil-Asphaltierungen vorgenommen werden (z.B. beschlossenes Pi-lotprojekt Wilhelm-Külz-Straße)
- dass bei Grundstückszufahrten künftig die vorfahrtberechtigten Radwege grundsätzlich gemäß der ERA 2010 asphaltiert oder glatt gepflastert ausgeführt werden. Mit Natursteinpflaster ausgestattete Zufahrten sind nach und nach umzubauen (entsprechende Mittel stehen für die Jahre 2019-2021 zur Verfügung)
- eine Schaffung weiterer sicherer Abstellmöglichkeiten im öffentlichen Raum – ggf. auch durch Umwidmung von Autostellflächen, wenn keine anderen Flächen zur Verfügung stehen
- die baldige Realisierung des Fahrradparkhauses am Hauptbahnhof
- die zügige Inkraftsetzung der beschlossenen Fahrradabstellsatzung
- die konsequente Ahndung unberechtigten Parkens auf Behindertenparkplätzen, auf Rad- und Fußwegen durch den Ausbau der Fahrradstaffel des Ordnungsamtes und verstärkte Kontrollen. Die MVB und der Abfallwirtschaftsbetrieb müssen das Recht bekommen, selbst abzuschleppen. Eine Vergabe von Kontrolle und Abschleppen an Unternehmen auf Provisionsbasis ist zu prüfen.
- eine ausreichende Beleuchtung von Radwegen. Dabei sollten intelligente Beleuchtungssysteme zum Einsatz kommen (Dimmen per Bewegungsmelder).
- die Aufstellung moderner elektronisch gesteuerter Fahrradboxen auch mit Lademöglichkeiten für Pedelecs an touristischen Highlights (z.B. Dom, Museum, Marktplatz, Petriförder, Schiffshebewerk)
- die Schaffung eines Bike-Sharing Angebots mit flächendeckenden Rückgabemöglichkeiten insbe-sondere auch für Pendler*innen und für den Fahrradtourismus
- eine deutlich bessere Radverkehrsführung in der Ernst-Reuter-Allee/Bahnhofsbereich gegenüber der planfestgestellten Variante der Tunnelplanung
- eine Intensivierung der Maßnahmen zur Bekämpfung des (organisierten) Diebstahls von Fahrrädern in Magdeburg
Öffentlicher Nahverkehr
Ein attraktiver öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) bildet das Rückgrat des städtischen Verkehrs. Der Nahverkehrsplan 2018 (NVP) stellt für uns das Minimalprogramm für die Entwicklung des ÖPNV dar. Unsere Forderungen zum Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs gehen über die konsequente Umsetzung des NVP 2018 hinaus.
Wir wollen:
- zur Behebung des Instandhaltungsrückstaus an Gleisanlagen die Zuweisungen der Landeshauptstadt erhöhen
- statt der regelmäßigen Fahrpreiserhöhungen ein Moratorium und Prüfung neuer Finanzierungs-möglichkeitendie Einführung eines verbilligten Sozialtickets für Hartz IV-Empfänger*innen
- allen Schüler*innen den ÖPNV an allen Tagen rund um die Uhr kostenfrei zur Verfügung stellen
- die zügige Fertigstellung der 2. Nord-Süd-Verbindung der Straßenbahn mit weitestgehendem Erhalt der Straßenbäume
- die Schaffung einer Buslinie vom Hauptbahnhof über die Jakobstraße zum Wissenschaftshafen/Werner-Heisenberg-Straße und die Beibehaltung der Busverbindung vom Neustädter Feld über Mittagstraße zur Neuen Neustadt und deren Verlängerung in die Alte Neustadt
- die Erweiterung des Straßenbahnnetzes nach Ottersleben, über die Jakobstraße sowie von der Brückstraße über Berliner Chaussee, um die Angersiedlung und die Sportarenen anzuschließen
- den zügigen vollständigen barrierefreien Ausbau aller ÖPNV-Haltestellen (10 Stück/Jahr)
- die konsequente ÖPNV-Bevorrechtigung an allen Ampelanlagen und die Ausweisung von mehr ÖPNV-Spuren
- nach und nach alle Busse und Bahnen mit Klimaanlagen, WLAN und USB-Anschlüssen ausstatten
- die Weiterentwicklung der ‚EasyGo‘-App auch zum Kauf aller Kartenangebote und die Nutzung elektronischer Zahlungsmittel (EC-Karte, Kredit-Karte, Kontaktloses Zahlen) an den Fahrscheinautomaten ohne Vernachlässigung des Vorverkaufs von Blockfahrscheinen
- zur Bekämpfung fahrzeugbedingter Ausfälle im Straßenbahn- und Busverkehr ist eine mindestens 20%ige barrierefreie Reserve vorzuhalten
- finanzielle Anreize zur Ausweitung der flexiblen Dienste und Einstellung von mindestens 10 % mehr Personal mit Fahrdiensteignung, damit es zu deutlich weniger Fahrtausfällen kommt
Sonstiger Verkehr
Obwohl das Konzept der autogerechten Stadt längst überholt ist, fördert Magdeburgs Stadtverwaltung nach wie vor hauptsächlich den motorisierten Individualverkehr (MIV). Umfragen zeigen deutlich, dass viele Menschen anders mobil sein wollen. Wir setzen auf eine „Autoarme Innenstadt“ mit Verkehrsbe-ruhigung und Tempobegrenzungen nicht nur auf Wohnstraßen. Der Autoverkehr darf angesichts der Klimaziele und des weltweiten Wunsches nach lebenswerten Städten nicht länger bevorzugt werden.
Wir wollen:
- die baldige Realisierung der neuen Strombrücke und denkmalgerechte Sanierung der Anna-Ebert-Brücke. Eine weitere Straßenbrücke für den Autoverkehr über die Elbe halten wir für entbehrlich
- die zügige Freigabe der Tunnelbaustelle für Fuß- und Radverkehr und ÖPNV sowie die baldige Fertigstellung des von uns nicht gewollten Tunnelprojekts mit der Umsetzung der stadtgestalterischen Elemente (Tunneleingänge, Lichtkonzept usw.) entsprechend den Ergebnissen des Gestaltungswettbewerbs von 2012 und mit der Nachbesserung der Treppenaufgänge am Kölner Platz durch Rolltreppen oder Aufzüge
- den Aufbau eines Netzes von mehr als 120 Stromtankstellen insbesondere in Wohnquartieren mit Mehrfamilienhäusern
- die Unterstützung des Carsharings durch Bereitstellung von Standplätzen im öffentlichen Raum, Verknüpfung mit ÖPNV- und Radabstellanlagen und dessen stärkere Nutzung durch die Stadtverwaltung und ihre Unternehmen