Wahlprüfsteine zu den Stadtratswahlen - Radfahren in Magdeburg

Der ADFC hat zur Kommunalwahl Wahlprüfsteine an alle Parteien geschickt. Nachfolgend findet ihr unsere Antworten.

26.04.14 – von Wolfgang Wähnelt –

Die Wahlprüfsteine des ADFC Magdeburg beantworten wir wie folgt:

1. Welche Bilanz der bisherigen Maßnahmen und Initiativen der Stadtverwaltung bezüglich des Radverkehrs ziehen Sie? Welche konkreten Ziele bei der Förderung des Radverkehrs haben Sie und welche Initiativen planen Sie?

Die Maßnahmen der Stadt (Stadtrat und Verwaltung) bezüglich des Radverkehrs sind sehr lückenhaft und zeichnen sich leider dadurch aus, dass es keine eigenständige Radverkehrsförderung gibt, d.h. Radverkehrsmaßnahmen werden zumeist nur im Zusammenhang mit komplexen Verkehrsbaumaß-nahmen umgesetzt. Eine halbherzige Radverkehrskonzeption ist nur bruchstückhaft umgesetzt wor­den und ihre Fortschreibung wird von der Verwaltung und einer Ratsmehrheit mit der Begründung abgelehnt, man müsse doch erst die Ergebnisse des Verkehrsentwicklungsplanes abwarten. Ver­kehrsplanungen erfolgen noch immer aus der Sicht des Autofahrers und erfolgen oft so, dass Konflik­te zwischen Radfahrern und Fußgängern provoziert werden.

Meine / unsere Ziele bei der Förderung des Radverkehrs sind:

  • Erhöhung des Radverkehrsanteils auf 25%
  • Erhöhung der Verkehrssicherheit für Radfahrer
  • Reduzierung des Konfliktpotenzials zwischen Radfahrern und Fußgängern

Zur Umsetzung dieser Ziele plane ich / planen wir u.a. folgende Initiativen:

  • Schaffung durchgehender Radverbindungen
  • Ausweisung von Fahrradstraßen
  • Schaffung von Radschnellwegen innerhalb der Stadt und mit Verbindung ins Umland
  • Verabschiedung einer Fahrradabstellanlagensatzung und Schaffung weiterer Fahrradabstellanlagen
  • Einführung eines eigenen Haushaltstitels zur Radverkehrsförderung
  • Etablierung eines Fahrradbeauftragten bei der Stadt
  • Verbesserung der Lichtsignalsteuerung für den Rad- und Fußgängerverkehr

2. Wie wollen Sie erreichen, dass der Anteil des Radverkehrs in der Landeshauptstadt Magde­burg größer wird?

Ergänzend zu den bereits unter 1. aufgezählten Vorhaben und Initiativen sei hier vermerkt, dass dies nur erreicht werden kann, indem ein insgesamt fahrradfreundliches Klima in der Stadt geschaffen wird, wozu möglichst viele Verbündete gefunden werden müssen

3. Es gibt eine Reihe von Stadtratsbeschlüssen zur Radverkehrspolitik, die durch die Stadtver­waltung nicht oder nur unzureichend umgesetzt werden. Die Zwischenbilanz 2010 belegte nach 10 Jahren lediglich einen Umsetzungsstand von 50%. Was wollen Sie für die Umsetzung und Fortschreibung der Radverkehrskonzeption Magdeburg 2004-2012 tun?

Hierzu hatte ich mit meiner GRÜNEN Fraktion bereits einen Antrag gestellt, der von einer Ratsmehr­heit mit der Begründung abgelehnt wurde, man müsse doch erst die Ergebnisse des Verkehrsent-wicklungsplanes abwarten. Da dies hieße, vor 2016 würde sich hier nichts bewegen, bleibt nur, auf eine andere Zusammensetzung des neuen Stadtrates zu hoffen und die Initiative zu wiederholen.

4. Wie ist Ihre Position zu einer Fahrradabstellplatzsatzung für Magdeburg?

Eine Fahrradabstellanlagensatzung ist notwendig und sollte außer der erforderlichen Anzahl zu schaf­fender Fahrradstellplätze auch Mindeststandards enthalten (Größe, Gestaltung, Witterungsschutz, Beleuchtung u.a.)

5. Aus Sicht des ADFC Magdeburg fehlt bisher eine systematische ressortübergreifende Koordi­nierung und Öffentlichkeitsarbeit der Radverkehrsbelange in der Stadtverwaltung. Der ADFC Magdeburg schlägt deshalb vor, die Stelle eines Radverkehrsbeauftragten einzurichten und mit res­sortübergreifenden Zuständigkeiten und eigenen finanziellen Mittel auszustatten. Werden Sie sich dafür im Stadtrat einsetzen? Welche Rolle messen Sie der AG Radverkehr bei?

Wie oben bereits erläutert, sind die Forderungen nach einem Radverkehrsbeauftragten und einem eigenen Haushaltstitels zur Radverkehrsförderung auch unsere Forderungen.

Die AG Radverkehr ist als Schnittstelle zwischen verschiedenen Akteuren, Stadtpolitik und Stadtver­waltung wichtig und kann insbesondere Detailarbeit leisten. Ihre Grenzen erreicht sie jedoch bei der Schaffung eines insgesamt fahrradfreundlichen Klimas in der Stadt. Hier sind weitere Gremien gefor­dert.

6. Auch in Magdeburg kommt es nach wie vor immer wieder zu schweren Fahrrad-Unfällen. Oft sind weder die Unfallursachen noch der Einfluss von Infrastruktur u.a. Faktoren aus den Unfallberichten erkennbar. Die vom Land Sachsen-Anhalt seit einigen Jahren verwendete Un­fallerfassung und -auswertung ist wenig geeignet, um daraus sinnvolle Maßnahmen zur Unfall­vermeidung für Radfahrer abzuleiten. Werden Sie sich für eine verbesserte Unfallstatistik einset­zen? Was werden Sie unternehmen um dies zu ändern, welche zusätzlichen Maßnahmen werden Sie einleiten?

Die Arbeit der Polizei und auch die Unfallstatistik sind (wie in der Frage vermerkt) vorwiegend Landesangelegenheit und der Einflussnahme durch die Stadt weitgehend entzogen. Jedoch sind viele Unfallursachen bekannt und können durch Maßnahmen der Stadt reduziert werden. Hier seien u.a. genannt:

  • Montage von Trixi-Spiegeln an Kreuzungen. Hierzu liegen erfolgreiche Initiativen unserer
    GRÜNEN Fraktion vor
  • Führen von Radverkehrsanlagen im Sichtbereich des Autoverkehrs
  • Verkehrsführung an Kreuzungen so gestalten, dass Konflikte zwischen Rad- und Fußgänger­verkehr reduziert werden
  • zusätzliche Kennzeichnung von Radwegen in vom Fußgängerverkehr stark frequentierten Be-
    reichen
  • die Ausweitung von Tempo-30-Gebieten bis hin zum generellen Tempo 30 innerorts mit Aus-
    nahme gesondert auszuweisender Hauptstraßen
  • und nicht zuletzt erzieherische Maßnahmen gegen unerlaubten Radverkehr in Gegenrich­tung, Fahren ohne Licht etc.

7. Ein großes Problem das Radfahren attraktiver zu machen und die Verkehrssicherheit zu verbes­sern (über 90 % aller Radverkehrsunfälle passieren innerorts) sind die innerörtlichen Straßen­verhältnisse in der Landeshauptstadt, mit maroden Straßen auf wichtigen Abschnitten des „grünen Netzes" (Beispiele: Kopfsteinpflaster am Domplatz, Stadtfeld Ost, Leibnizstraße, W.-Külz-Straße, Holsteiner Straße, Schifferstraße usw.). Oft weichen Radfahrer dann auf Gehwege aus, um un­zumutbare Straßenverhältnisse zu meiden. Was werden Sie tun, um notwendige kommunale Investitionen zu forcieren?

Zur Verbesserung der Sicherheit des Radverkehrs verweise ich auf Frage 6. Die geringen investiven Mittel der Stadt sind vorrangig für nachhaltige Maßnahmen im Bestand einzusetzen. Unsere GRÜNE Fraktion hat gerade erfolgreich einen Antrag zur Aufstellung einer Prioritätenliste zur Fuß- und Radwegsanierung im Stadtrat durchbekommen.

8. Die Europäische Kommission hat am 30. September 2009 den Aktionsplan "Urbane Mobili­tät" angenommen. Eine von 20 Maßnahmen zur Umsetzung des Aktionsplans ist die Förderung der Fortbewegung zu Fuß oder mit dem Rad. Im Klimaschutzkonzept des Landes Sachsen-Anhalt wird das Stadtplanungsmodell der kurzen Wege propagiert, Radverkehr soll in den Städten gefördert wer­den und motorisierter Individualverkehr substituiert werden. Das Land beabsichtigt die Gründung einer ??? . Welche Maßnahmen werden Sie in der nächsten Wahlperiode einleiten, um diese Ziele zu erreichen? (Frage ist leider nicht vollständig gewesen.)

Zur Förderung des Radverkehrs und Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs verweise ich auf die Antworten zur Frage 1. Der Fußgängerverkehr ist auch mit stärkerem Einsatz von Zebrastrei­fen und durch einen besseren ÖPNV zu fördern.

Darüber hinaus ist die „Stadt der kurzen Wege" eine gesamtstädtische Aufgabe:

  • Nutzungsmischung von Wohnen, Handel, nicht störendem Gewerbe, Kultur und Bildung
  • Sicherung einer wohnungsnahen Versorgung u.a. mit einer strikten Durchsetzung des Märktekonzeptes
  • Schaffung sicherer Wege zu Schulen und Kindereinrichtungen, die auch mit dem Fahrrad ge-
    nutzt werden können

9. Die Stadtverwaltung hat nach Auffassung des ADFC Magdeburg eine Vorbildwirkung für die Nut­zung des umweltfreundlichen Verkehrsmittels Fahrrad auf dem Weg zur Arbeit, als auch bei Dienst­gängen und -fahrten. Sie wird damit die Gesundheit ihrer Beschäftigten fördern und Krankheitskos­ten einsparen können, das belegen Studien aus Norwegen und den Niederlanden. Welche Aktivitäten planen Sie und wie werden Sie die diesbezügliche Aktion von Krankenkas­sen, ADFC und BMVBS „Mit dem Rad zur Arbeit" unterstützen?

Eine Möglichkeit zur Unterstützung ist die eigene Vorbildfunktion: nicht nur gelegentlich für ein Zei­tungsfoto sondern tagtäglich zur Arbeit (und zu anderen Zielen) das Fahrrad benutzen.

Eine weitere Möglichkeit besteht in den bereits oben erwähnten strukturellen Verbesserungen für den Radverkehr, besonders für den Alltags-Radverkehr. Hier haben sichere Abstellmöglichkeiten (Fahrradabstellanlagensatzung, s.o.) eine besondere Bedeutung.

Als Fraktion unterstützen wir die Aktion, sehen in ihr eine sehr gute Möglichkeit, den Alltags-Radverkehr zu fördern und werden auch die Stadtverwaltung zur Teilnahme an der Aktion ermun­tern.

10. In der Verkehrspolitik und Außendarstellung der Stadt spielt der Radverkehr bisher eine unter­geordnete Rolle. Dies obwohl das Fahrrad das drittwichtigste Verkehrsmittel, Radfahren der beliebteste aktiv betriebene Sport und Radtourismus die wichtigste Form des Aktivtourismus in Magdeburg ist. Wie können aus Ihrer Sicht die Öffentlichkeitsarbeit und Vermarktungsbemühungen für den Radver­kehr und Radtourismus verbessert werden? Welche finanziellen Mittel werden Sie hierfür bereitstel­len? Wie stehen Sie zum jährlichen FahrRad-Aktionstag?

Öffentlichkeitsarbeit fängt mit dem eigenen Vorbild an, geht über personelle Voraussetzungen in der Stadt (Radverkehrsbeauftragter, s.o.) und muss auch finanziell unterstützt werden (eigenes Budget für Radverkehrsförderung, s.o.). Insbesondere zum eigenen Budget gab es bereits mehrmalige Initia­tiven unserer GRÜNEN Stadtratsfraktion, die von der Ratsmehrheit abgelehnt wurden.

Der FahrRad-Aktionstag ist eine Initiative unserer GRÜNEN Fraktion und wird auch alljährlich von ihr mitorganisiert und tatkräftig unterstützt.

11. Die wirtschaftlichen Potentiale des Radtourismus in Magdeburg sind noch lange nicht aus­gereizt, z.T. sind noch erhebliche Qualitätsmängel auch auf den regionalen Radrouten der Stadt fest­zustellen. Welche zusätzlichen Initiativen planen Sie in den nächsten fünf Jahren um Verbesserungen her­beizuführen bzw. mehr Radtouristen nach Magdeburg zu locken? Wie wollen Sie die Städtepartner­schaft mit Braunschweig für die Weiterentwicklung des Radfahrens in Magdeburg nutzen?

Eine ganz aktuelle Initiative unserer GRÜNEN Stadtratsfraktion ist die Begrüßung von Radtouristen durch eine entsprechende Beschilderung am Ortseingang. Weitere Initiativen waren u.a. die Schaf­fung sicherer Abstellmöglichkeiten für Fahrräder und Gepäck (Fahrradboxen).

12. Nach Auffassung des ADFC Regionalverband Magdeburg wird die Radwegbenutzungspflicht, die eigentlich nur eine Ausnahmereglung sein soll, vielerorts in der Landeshauptstadt rechts­widrig angeordnet. Zahlreiche Urteile bundesweit bestätigen uns in dieser Meinung. Was wollen Sie unternehmen, um die den Radverkehr betreffenden Regelungen der StVO und der Verwaltungsvorschrift zur StVO zu verwirklichen und um die ERA 2010 umfassend anzuwenden?

Auch nach unserer Auffassung sollte die Radwegebenutzungspflicht weitaus sparsamer eingesetzt werden als bisher, denn der Radverkehr im Sichtbereich des Autoverkehrs ist sicherer als versteckt hinter parkenden Fahrzeugen. Es gibt allerdings auch Straßen, auf denen eine Radwegebenutzungs-pflicht sinnvoll ist, was jedoch immer eine Einzelfallentscheidung voraussetzt.

Zu beachten ist hierbei eine notwendige Wahlfreiheit (Fahren auf der Straße oder auf einem nicht benutzungspflichigen Radweg / freigegebenen Fußweg), da die Radfahrer sehr unterschiedliche per­sönliche Voraussetzungen haben (Kinder und Senioren einerseits, die jungen dynamischen Radfahrer andererseits).

Da der Stadtrat keinen direkten Einfluss auf die untere Straßenverkehrsbehörde (Stadt) hat, kann die Ausschilderung nur mittelbar beeinflusst werden: durch Mitarbeit in der AG Radverkehr, durch stän­dige Hinweise bis hin zu Beschwerden bei der oberen Straßenverkehrsbehörde.

13. Der ADFC Bundesverband fordert von der Bundesregierung einen dem Anteil des Radver­kehrs am Modal Split angemessenen Anteil am Verkehrshaushalt. In Magdeburg werden 11% aller Wege von Radfahrern zurückgelegt. Wie stehen Sie zu der Forderung 11% der Mittel des Verkehrshaushaltes für den Radverkehr einzusetzen?

Positiv, denn nur mit entsprechendem Einsatz finanzieller Mittel ist das Ziel von 25% Radverkehrsan-teil zu erreichen. Dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) gestehe ich aufgrund seiner Kosten-intensivität und seiner Nutzbarkeit für alle einen Anteil zu, der über seinem Modal Split liegt.

14. Radfahren wird sicherer und angenehmer, wenn die Kfz nicht wesentlich schneller als Fahrräder fahren dürfen. Werden Sie sich für mehr Tempo-30-Zonen, Tempo-30-Straßen und/oder Fahrradstraßen in Magde­burg einsetzen?

Hierzu möchte ich auf Antworten zu vorhergehenden Fragen verweisen (insbesondere Fragen 1 und 6). Klare Antwort heißt also: wir werden das als GRÜNE Fraktion auch weiterhin tun.

15. Die Metropolregion Hannover-Braunschweig-Göttingen-Wolfsburg plant die Einrichtung von Schnellradwegen mit hochwertigem Ausbaustandard für Berufs- und Ausbildungsverkehr über größere Distanzen. Sehen Sie in der Region Magdeburg, z. B., ins Gewerbegebiet Magdeburg /Osterweddingen hierfür eine mögliche Alternative zum motorisierten Berufsverkehr?

Ein diesbezüglicher Antrag unserer GRÜNEN Fraktion im Stadtrat wurde gerade von dessen Mehrheit abgelehnt, da standen wir ziemlich allein. Gerade in einer Stadt und Region Magdeburg sind günstige Voraussetzungen für den Radverkehr auch über längere Strecken gegeben (flaches Gelände, geringe Regenhäufigkeit). Radschnellwege sowohl innerhalb der Stadt als auch zur Verbindung mit Zielen in der Region könnten die Situation des Alltagsradverkehrs verbessern und dessen Anteil steigern hel­fen. Der Umstieg vom Auto auf das Rad mit all seinen positiven Aspekten (Energieeinsparung, CO2-Reduzierung, Umweltschutz, Gesundheitsvorsorge und Kostenreduzierung) würde damit erheblich gefördert.

 

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