6. Leben im Alter

Die Situation der älteren Menschen hat sich in den letzten Jahren in vielfacher Weise verändert. Die Menschen werden älter, sie sind länger gesund, gestalten aktiv ihr Leben, leisten einen erheblichen finanziellen und praktischen Unterstützungsbeitrag für ihre Familien und engagieren sich für andere. Noch keine Generation der „Alten" ist so aktiv, so fit und mobil gewesen und hatte einen derart großen und weiter wachsenden Anteil an der Gesamtbevölkerung.
In Folge des demografischen Wandels stehen immer weniger junge Menschen einer wachsenden älteren Bevölkerungsgruppe gegenüber. Für den Umgang mit diesen gravierenden gesellschaftlichen Veränderungen liegen in den Industrieländern keinerlei Erfahrungen vor. Die Veränderungen betreffen viele Lebensbereiche der Menschen selbst, wie Wohnen, Mobilität, Gesundheit, Krankheit und Pflege aber nicht zuletzt auch den öffentlichen Bereich wie Stadtplanung, Verkehr (ÖPNV, aber auch Fahrradwege und -stellplätze). Diese Veränderungen verträglich zu gestalten, gelingt nur, wenn alle Altersgruppen Verantwortung für eine solidarische Gesellschaft übernehmen und miteinander darüber im Gespräch bleiben. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bedarf politischer Rahmenbedingungen und darf nicht auf die Probleme der Renten- und Pflegekassen reduziert werden.
Mit ihren Lebens- und beruflichen Erfahrungen bei gewohnter Selbstständigkeit und einem hohen Maß an Selbstbewusstsein sind älter werdende Menschen eine Bereicherung für die Gesellschaft. Sie sind häufig an neuen Perspektiven in einem selbstbestimmten Leben interessiert und verstehen sich als aktive Mitglieder der Gesellschaft.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN halten die praktizierte Solidarität zwischen den Generationen für einen unverzichtbaren Baustein unserer Gesellschaft. Kommunale Familien-, Kinder- und Jugendpolitik mit einer modernen kommunalen Seniorenpolitik zu verknüpfen, steigert die Lebensqualität in unserer Stadt und bietet neue Möglichkeiten, die mit dem demografischen Wandel verbundenen Anforderungen zu bewältigen. Deshalb ist es wichtig, alle Formen der Begegnung und des Dialogs zwischen den Generationen zu fördern, z.B. Mehrgenerationshäuser sowie auch neue Solidaritätsbeziehungen zu entwickeln.
Lange Eigenständigkeit reduziert das Risiko der Pflegebedürftigkeit. Deshalb sollen Bedingungen gefördert werden, die ein möglichst langes autonomes, selbständiges sinnstiftendes Leben möglich machen. Dies heißt für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Teilnahme an Bildungsmöglichkeiten, Gedankenaustausch, soziale Kontakte, Bewegung und Mobilität, nachbarschaftliche Hilfen, Freiwilligenengagement.
Gesellschaftliches Engagement sowie das Finden oder Einbringen von neuen Betätigungsfeldern braucht oft Organisation und Beratung.


Wir sind für:

  • öffentlichkeitsnahe Beratungsstrukturen, damit ältere Menschen sich informieren können, welche für sie jeweils angemessenen Angebote es gibt und welche Aktivitäten für sie in Frage kommen.
  • die inhaltliche und organisatorische Weiterentwicklung und bessere Koordination der bestehenden Beratungs- und Anlaufstellen, wie der Alten- und Servicezentren, der Seniorenvertretung, dem Seniorenbeauftragten und -beirat der Stadt sowie der Freiwilligenagentur, um den veränderten Anforderungen besser gerecht zu werden.

Ein wichtiger Gesichtspunkt eines möglichst langen Verbleibens der älteren Generation in der eigenen Wohnung sind die allgemein übliche altersübergreifende Quartiersbelegung. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden darauf hinwirken, dass das derzeit als Modellprojekt erprobte Konzept des persönlichen Budgets für alle berechtigten Personen möglich wird.
Dies sollte Bestandteil von Konzepten nachbarschaftlicher Hilfe sein, setzt jedoch gute ambulante Strukturen voraus. Seniorengerechte Strukturen sind auch ein wirksames Mittel gegen Altersarmut.


Wir sind für:

  • die Stärkung der notwendigen Strukturen, um einen möglichst langen Verbleib alter Menschen in der eigenen Wohnung zu ermöglichen,
  • Ausbau und Erprobung neuer Formen des Wohnens im Alter,
  • die Entwicklung von Strukturen, um Schwellenängste vor anderen Wohnformen zu senken, wie Haus- und Wohngemeinschaften, der ggf. damit verbundene Wechsel in kleinere, barrierefreie Wohnungen, Wohngruppen, generationenübergreifende Projekte, vielfältige Service- und Pflegeangebote,
  • den Ausbau der mit der Pflegereform beschlossenen Pflegestützpunkte zu „Quartierstützpunkten",
  • die wirksame Entlastung pflegender Angehöriger.

Bei allen Bemühungen im ambulanten Bereich haben BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auch ein verstärktes Augenmerk auf die Qualität von stationären Einrichtungen für pflegebedürftige Menschen. Hier haben die Fehler der Vergangenheit gezeigt, dass diese besser an die veränderten Anforderungen der von umfassender Pflege abhängigen alten Menschen angepasst werden müssen. Die Stadt muss mit dafür sorgen, dass es sowohl stationäre wie ambulante Einrichtungen in ausreichendem Umfang und guter Qualität gibt. Die medizinische und ärztliche Versorgung in Einrichtungen ist dringend zu verbessern, zum Beispiel über die stärkere Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten oder über die Einstellung von Heimärztinnen und -ärzten.
Vor allem für ältere Migrantinnen und Migranten müssen in Kooperation mit dem Ausländerbeirat der besondere Bedarf dieser Personen geklärt und notwendige Hilfestrukturen entwickelt und unterstützt werden.
Kranke und behinderte Menschen dürfen nicht an den Rand der Gesellschaft abgeschoben werden. Die Stadt muss weiterhin durch verschiedene Unterstützungsleistungen dazu beitragen, dass jene Menschen größere Chancen für eine Teilhabe erhalten, die durch Krankheit oder Behinderung, durch ein Leben am Rande der Gesellschaft von einem selbstbestimmten Leben in dieser Stadt ausgeschlossen sind oder dieses nur beschränkt realisieren können.


Wir sind für:

  • die Schaffung von barrierefreien Zugängen zu allen öffentlichen Räumen,
  • die Verbesserung der Mobilitätsbedingungen im öffentlichen Personennahverkehr,
  • verbesserte Zugangsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung z.B. durch das Absenken von Bordsteinen.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden darauf hinwirken, dass alle berechtigten Personen bzw. deren Angehörige über das erfolgreich erprobte Konzept des Persönlichen Budgets und die damit verbundenen Möglichkeiten umfassend informiert werden und bei Bedarf von ihrem Anspruchsrecht Gebrauch machen können.